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Bestellerprinzip: Alea iacta est


Foto „Mietvertrag“: Selbst, wenn der Wohnungsmieter in spe der erste Auftraggeber des Maklers ist, darf ihm unter bestimmten Voraussetzungen ab 1. Juli 2023 keine Provisionsverpflichtung aufgebürdet werden.

Die am 1. März 2023 im Nationalrat beschlossene Änderung des Maklergesetzes tritt am 1. Juli des heurigen Jahres in Kraft. Wie sind die den österreichischen Wohnmietmarkt massiv betreffenden Paragraphen gestaltet?


Schon das Regierungsprogramm der aktuellen Legislaturperiode sah die Einführung des Erstauftraggeberprinzips – salopp „Bestellerprinzip“ genannt – vor. Im Wesentlichen geht es darum, dass bei der Vermittlung von gemieteten Wohnimmobilien in Österreich künftig diejenige Person den Makler bezahlen soll, die ihn beauftragt hat. Bei der Realisierung des dafür notwendigen Maklergesetz-Änderungsgesetzes stockte es gewaltig. Seit 1. März 2023 sind die Paragraphen nun in trockenen Tüchern. Alea iacta est. An besagtem Mittwoch beschloss das Nationalratsplenum mit den Stimmen der beiden Regierungsparteien sowie von jener der FPÖ und den Neos, dass das Bestellerprinzip eingeführt wird und am 1. Juli 2023 in Kraft tritt.

Was wurde besiegelt? Der neue § 17a des Maklergesetzes (MaklerG) verankert erwartungsgemäß das Bestellerprinzip für die Vermittlung von Wohnungsmietverträgen in der Alpenrepublik. Ab dem 1. Juli 2023 soll die Provision grundsätzlich derjenige Vertragsteil begleichen müssen, der als erster Auftraggeber die Leistung des Maklers veranlasst hat.


Ausnahmen, die die Regel bestätigen
§ 17a Abs 1 MaklerG konkretisiert, dass, wenn der Vermieter erster Auftraggeber des Maklers ist, eine Provisionsvereinbarung mit dem Wohnungssuchenden jedenfalls ausgeschlossen ist. § 17a Abs 2 MaklerG benennt den logischen Umkehrschluss: Der Makler kann mit dem Mieter in spe nur dann eine Provision vereinbaren, wenn ihn von dieser als erster Auftraggeber zur Suche anwies. In einem solchen Fall darf er sich als Doppelmakler auch mit dem Vermieter eine Provision verständigen.

Doch keine Regel ohne Ausnahmen. Diese thematisiert § 17a Abs 3 MaklerG. Selbst wenn der Wohnungssuchende der erste Auftraggeber des Maklers ist, wird ihm unter bestimmten – konkret drei – Voraussetzungen keine Provisionsverpflichtung aufgebürdet werden dürfen, heißt es dort. Erstens, wenn wirtschaftliche Verflechtungen des Maklers mit dem Vermieter oder Verwalter bestehen. Zweitens wenn der Vermieter vom Abschluss eines Maklervertrags absieht, damit der Wohnungssuchende als Erstauftraggeber provisionspflichtig wird. Und schließlich drittens, wenn der Makler eine zu vermietende Wohnung mit Einverständnis des Vermieters inseriert oder zumindest für einen eingeschränkten Interessentenkreis – durch Newsletter, E-Mails etc. – auf andere Weise bewirbt. § 17a Abs 3 MaklerG soll also eine Umgehung des Bestellerprinzips verhindern.

Hinterfragen lässt sich, dass es auch bei Freizeitwohnungen und Luxusobjekten greift, obwohl in dem Segment die Mieter in spe keiner besonderen Schutzwürdigkeit bedürfen. Aber Achtung: Bei der Vermittlung von Mietverträgen, die Arbeitgeber schließen, um Dienstnehmern Dienst-, Natural- oder Werkswohnungen zur Verfügung zu stellen, gilt das Bestellerprinzip gemäß § 17a Abs 6 MaklerG nicht.

 

Dokumentationspflicht und Verwaltungsstrafbestimmungen

Flankiert wird das Bestellerprinzip von einer Dokumentationspflicht des Maklers hinsichtlich des Beauftragungszeitpunkts. So soll sich im Fall erfolgreicher Vermittlung besser eruieren lassen, ob gegenüber dem Wohnungssucheden ein Provisionsanspruch besteht.

In § 17a Abs 7 MaklerG geht es darum, wann bei Zuwiderhandeln eine Verwaltungsübertretung vorliegt. Die Geldstrafen belaufen sich auf 1.500 Euro beziehungsweise 3.600 Euro.


Begeisterung sieht anders aus

Kritik an den neuen Paragraphen kommt von etlichen Seiten. So verweigerten die Abgeordneten der SPÖ am 1. März 2023 im Nationalrat ihre Zustimmung. Dies aber nicht etwa, weil sie gegen das Bestellerprinzip an sich Einwände hatten. Im Gegenteil. Ihnen ist es in der vorliegenden Form nicht mieterfreundlich genug.

Der Österreichische Verband der Immobilienwirtschaft (ÖVI) wiederum bemängelt, dass der heimische Gesetzestext über weite Strecken dem deutschen entspricht. Das, ohne zu berücksichtigen, dass der österreichische Mietmarkt weit stärkeren Reglementierungen unterworfen ist. Denn der überproportional relevante Wiener Markt fällt großteils unter das Richtwertmietzins-Regime. Darüber hinaus kritisiert der ÖVI, dass den Bürgern versprochen wird, dass das Bestellerprinzip eine nachhaltige Entlastung der Wohnkosten bedingt. Nicht eingerechnet wird dabei aber, dass potenzielle Mieter ab 1. Juli 2023 wesentlich mehr Zeit in die Suche investieren müssen, dass das Wohnungsangebot intransparenter wird und dass die Beratungs-/Serviceleistungen des Maklers wegfallen.




       
Fazit


Wie erwähnt tritt der neue Gesetzestext am 1. Juli 2023 in Kraft. Man darf gespannt sein, wie sich der heimische Wohnmietmarkt ab dann kurz- und langfristig entwickelt. Wer eine neue Bleibe sucht, wird – wenn möglich – diesen Stichtag abwarten.

Generell drohen Mietern aber Verhältnisse wie in Deutschland, wo sich das Immobilienangebot laut diverser Analysen nach der Einführung des Bestellerprinzips anno 2015 um dreißig bis vierzig Prozent reduzierte.

Die Makler wiederum werden mit den Vermietern neue Konditionen verhandeln, ihre Prozesse straffen und verstärkt digitale Lösungen einsetzen. Jene, die bisher ihre Vermittlungsdienstleistung erfolgreich erbrachten, dürften auch in Zukunft gut im Geschäft sein.



Zur Autorin
Claudia Aigner ist Chefredakteurin der „Österreichischen Immobilien Zeitung“ (OIZ). Seit 1998 ist die gebürtige Oberösterreicherin im Fachjournalismus tätig; konkret für Magazine im Bereich Werbung, Tourismus, Telekommunikation sowie Industrie. Nach einem „Abstecher“, der sie in die PR führte, bereitet sie seit elf Jahren Immobilienthemen – quer durch alle Assetklassen – redaktionell auf.