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Metaverse: Virtuelle Liegenschaften unter der Lupe


Visualisierung „Post Metaverse“: Das „Crypto stamp HQ“ ist seit 2. September 2022 der erste Standort der Österreichischen Post im Metaverse.
Credit: Riat Labs / Österreichische Post AG

Der Immobilienmarkt im Metaverse hat Fahrt aufgenommen. Doch so mancher Investor dürfte ausgebremst werden. Schließlich gilt das Parkett – noch? – als rutschig und hochspekulativ.


Immobilien werden am laufenden Band fertiggestellt und eröffnet. Um einen Nachrichtenwert zu generieren, muss es sich also schon um eine besondere Liegenschaft handeln. So geschehen am 2. September 2022, als die Österreichische Post als laut Eigenangabe erste Postgesellschaft der Welt einen Standort im Metaverse vom Stapel ließ. Die Filiale namens „Crypto stamp HQ“ ist im Decentraland gehostet und via post.at/meta erreichbar. Registrierte Nutzer sowie Gäste der Plattform konnten dort die virtuelle Präsentation einer Briefmarke verfolgen.

Der Andrang dürfte überschaubar gewesen sein. Denn laut einer im vergangenen Juli vom Beratungsunternehmen EY vorgestellten Studie haben nur vierzig Prozent der Österreicher den Begriff Metaverse überhaupt schon einmal gehört. Lediglich 19 Prozent können ihn klar einordnen. Knapp 13 Prozent wiederum erwägen, dort Produkte zu kaufen, was aber nur zwei Prozent bereits taten. Bis wann sich das Metaverse auf Konsumentenebene durchsetzt, wird sich also erst weisen.


Von wegen unendlich

Anders schaut es auf der schon rege tätigen Unternehmensebene aus. Nicht nur die Österreichische Post schritt bereits zum Landkauf. Vielfach ist die Rede von einem Immobilien-Hype im Metaverse. Es herrscht Goldgräberstimmung. Das – und das sollte potenzielle Investoren hellhörig machen –, obwohl es DAS Metaverse noch gar nicht gibt. Vielmehr existieren diverse Versionen von verschiedenen Anbietern. Die bedeutendsten stellen aktuell The Sandbox, CryptoVoxels, Somnium sowie das bereits erwähnte Decentraland dar.

Dort ist wie in der realen Welt das verfügbare Bauland begrenzt. Denn die Plattformen bieten ausdrücklich endliche Flächen. Aufaddiert handelt es sich lediglich um einige Hunderttausend Parzellen, also relativ wenig für einen vermeintlich unendlich großen virtuellen Raum.

 

Zuckerbergs Signal

Dass es sich bei Grundstücken um Unikate handelt und diese nicht mehrfach verkauft werden, garantieren die fälschungsresistente Blockchain-Technologie beziehungsweise sogenannte Non Fungible Tokens (NFTs). Dank besagter Token kann man das virtuelle Eigentum an einem Gegenstand oder einer Immobilie zweifelsfrei und transparent zuordnen. Bezahlt wird in Kryptowährungen.

Gemäß einem „Real Estate Sector Briefing“ von Deloitte vom heurigen Mai lässt der Verlauf des Hypes um das Metaverse klar erkennen: Gegen Ende Oktober 2021 sprang das Transaktionsvolumen dramatisch nach oben. Grund war die Ankündigung des Facebook-Konzerns, das Thema Metaverse zu pushen. Das unterstrich CEO Mark Zuckerberg durch die parallele Bekanntgabe der Umfirmierung in „Meta“. Das Signal an die Öffentlichkeit war durchdringend. In weiterer Folge erreichte am 24. November 2021 The Sandbox Rekordumsätze von umgerechnet fast 16 Millionen US-Dollar. Trotz eines Rückgangs der Kurve bis Mitte Dezember 2021 befinden sich die Transaktionsvolumina seitdem auf einem Niveau, das sich konstant über der Ausgangslage einpendelte.


Erste Maklerangebote

Der traditionellen Immobilienbranche eröffnen sich durch den Kauf virtuellen Lands diverse Möglichkeiten: Investoren können Einnahmen durch die Vermietung ihrer Objekte erzielen und von der Wertsteigerung der digitalen Fläche profitieren. Mieter sind beispielsweise Unternehmen, die einen Standort für Werbemaßnahmen nutzen möchten oder Events planen. So zelebrierten Dolce & Gabbana, Gucci und Philipp Plein bereits entsprechende Fashion Shows. Da die Grundstücke frei gestaltbar sind, können eigene Objekte designt oder virtuelle Abbilder existierender Gebäude erstellt werden. Auf dem Markt tummeln sich schon erste Maklerangebote für Metaverse-Immobilien, die bei diesen Tätigkeiten Unterstützung offerieren.

Wie schätzt die erwähnte traditionelle Branche die Situation ein? Gemäß dem auch in Österreich aktiven Immobilieninvestment- und Fondsmanagement-Konzern Catella sei Fakt, dass sich vor unserer Nase etwas Neues abspiele. Wenn die Welt nach mehr Digitalisierung schreit, sei es mit dem automatischen Einlesen von Mietverträgen nicht getan. Nähere man sich der Gesamtthematik unvoreingenommen und wische das Bling-Bling etwas zur Seite, bleibe eine zutiefst sinnhafte und vor allem ökonomisch effiziente Struktur übrig: Blockchain, Token und Bitcoin – auch auf Immobilien übertragbar. Sicher nicht kurzfristig, aber genauso sehe Innovation aus, tat Catella offiziell kund.


Chancen, Risken, Herausforderungen

Sollte das Metaverse weiter an Anziehungskraft gewinnen, werden sich dort Orte herauskristallisieren, an denen der virtuelle Bär steppt. Das vorausgesetzt, werden die Preise von Grundstücken und Immobilien in der Umgebung solcher Plätze deutlich zulegen. Käufer werden in diesen angesagten digitalen Vierteln Eigentum erwerben wollen und zu diesem Zweck tief in die Taschen greifen. Maßgeblich für erfolgreiche Investitionen in virtuelle Immobilien ist ergo die Popularität des Metaverse – und vor allem, dass man bei der Wahl der Plattform auf das richtige Pferd setzt und dort wiederum eine attraktive Lage ergattert.

Stichwort Popularität: Vor diesem Hintergrund muss das Metaverse in seiner Gesamtheit nutzerfreundlicher werden. Noch gestaltet sich die Handhabung von Kryptowährungen komplex und Extended-Reality-Brillen konnten sich bislang bei Endverbrauchern nicht durchsetzen.



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Fazit


Unterm Strich lässt sich der Markt für virtuelle Grundstücke und Immobilien im Metaverse derzeit als hochspekulativ einzustufen. Ein Totalverlust des eingesetzten Kapitals droht. Anders betrachtet, kann der große Reibach winken. Wie immer bei potenziellen Entwicklungssprüngen wird man in der Nachschau schlau(er) sein. Immobilienunternehmen, die sich in dieser virtuellen Welt engagieren, müssen IT-Spezialisten beziehungsweise Fachkräfte mit speziellem, bisher nicht benötigtem Know-how suchen und anwerben. Auch diese Hürde gilt es zu nehmen.



Zur Autorin
Claudia Aigner ist Chefredakteurin der „Österreichischen Immobilien Zeitung“ (OIZ). Seit 1998 ist die gebürtige Oberösterreicherin im Fachjournalismus tätig; konkret für Magazine im Bereich Werbung, Tourismus, Telekommunikation sowie Industrie. Nach einem „Abstecher“, der sie in die PR führte, bereitet sie seit elf Jahren Immobilienthemen – quer durch alle Assetklassen – redaktionell auf.