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Immobilienfotografie: Bevor es zu bunt wird... Die Farben müssen stimmen


Zum Bild: Links: die originale Aufnahme. Rechts: übertriebene globale Bildbearbeitung mit dem Ziel, dem Himmel und dem Bewuchs mehr Farbe zu verleihen.

Wenn Sie Immobilienfotos im Netz betrachten, dann fragen Sie sich manchmal: „Können diese Farben echt sein?“ Oder Sie orakeln mit dem alten Sprichwort: „Ach ja, ein buntes Pferd verkauft man gern.“ Oder Sie grübeln: „Was hat dieser Fotograf nur geraucht?“


Bei Immobilienfotos ist eines klar: Die Farben müssen stimmen. Ein klassisches Beispiel zeigt in einem Online-Exposé ein Haus mit schwefelgelber Fassade. Kommt ein Interessent aufgrund der Anzeige zur Besichtigung, dann stellt er ernüchtert fest, dass der Hausputz lediglich im Farbton hellelfenbein gestrichen ist. Die Enttäuschung mag vielleicht nicht sofort zum Abbruch des Geschäftes führen, aber ein Stück Vertrauen in die Kompetenz und Ehrlichkeit des Maklers ist verloren. Meist geschieht das unterbewusst und der Verkäufer weiß nicht, weshalb er mit dem Interessenten nicht warm wird.

Weshalb ist der Farbton für das Haus aber ins Gelbe abgerutscht? Womöglich hatte sich der Makler in seinem Bemühen, dem blassblauen Himmel vom Fototag ein kräftigeres Blau einzuhauchen und den Rasen grüner zu machen, sehr bequem am Sättigungsregler für das Bild bedient. Damit hatten aber nicht nur das Himmelsblau und die Grasfläche sondern auch der elfenbeinfarbene Hausputz andere elektronische Farbpigmente erhalten. So viel zu Fehlern durch ungelenke Bildbearbeitung.

Im Laufe des gesamten Fotoprozesses gibt es aber noch eine Reihe anderer Fallstricke, die für die natürliche Farbwiedergabe zu beachten sind.


Weißabgleich (I): Kamera auf neutrale Farbwiedergabe einstellen

Die erste Falle an der Kamera betrifft den so genannten Weißabgleich. Hier versucht die Kamera die Lichtstimmung zu erfassen und die Aufnahme auf eine farbkorrekte Wiedergabe einzustellen. Wenn Sie unter konstanten Lichtbedingungen (Quelle, Intensität, Farbe) arbeiten, können Sie somit auf jedem Foto eine gleichbleibende Bildstimmung erzielen. Das ist in der Immobilienfotografie aber selten der Fall.

Dummerweise kann sich die Kamera immer nur auf eine Lichtfarbe justieren. Bei Immobilienfotos sind aber häufig mehrere Farben im Spiel: beispielsweise kaltes Tageslicht, das durch die Fenster hereinströmt und gleichzeitig eine warme Farbstimmung, die durch einen schönen Holzfußboden im Rauminneren herrscht. Womöglich gibt es im Motiv auch noch verschiedene künstliche Lichtquellen mit unterschiedlichen Farbtemperaturen. Es ist empfehlenswert, dass Sie im RAW-Format fotografieren, dabei am besten der Weißabgleichsautomatik Ihrer Kamera vertrauen und anschließend am Computer den größeren Bildbearbeitungsspielraum der RAW-Fotodatei nutzen.

 

Farbprofile in der Kamera neutral halten

Sie könnten Ihre Kamera außerdem so einstellen, dass sie von sich aus Fotos mit mehr Sättigung, oder wärmere Farbtöne oder mit mehr Kontrast schießt. Kameras ab dem mittleren Amateursegment verfügen zu diesem Zweck über Farbprofile oder Bildstile wie beispielsweise „Brillanz“, „Porträt“ oder „Landschaft“, die sich darüber hinaus auch noch über verschiedene Regler bis ins Extreme beeinflussen lassen.

Um mit möglichst „echten“ Farben zu arbeiten, sollten Sie aber eine Einstellung wie „Neutral“ oder „Standard“ wählen und alle Regler auf der Nullstellung belassen. Anschließend kann es sein, dass das Bild aus der Kamera noch etwas flach wirkt. Mögliche Korrekturen nehmen Sie besser später fein dosiert bei der Bildbearbeitung vor.


Weißabgleich (II): Feinjustierung in der Bildbearbeitung

Optimieren lässt sich dieser Bildeindruck am besten am großen Computerbildschirm. Dazu ist es sehr vorteilhaft, wenn das Motiv über eine weiße oder neutralgraue Referenzfläche verfügt. Das können beispielsweise Fensterrahmen, Sanitärkeramik oder Zimmerdecken sein. Ein Klick mit dem Weißabgleichswerkzeug verschiebt alle Farben so, als läge die Referenzfläche in neutralem Licht.

Sollten Sie hier unsicher sein, dann empfehle ich, eine so genannte Graukarte zu verwenden. Dieses Fotozubehör ist eine genormte Farbfläche, die ein absolut neutrales Grau aufweist. Dann machen Sie einfach zwei Aufnahmen vom gleichen Motiv hintereinander. In das erste Foto legen Sie diese Karte an eine farbkritische Stelle. Das zweite Bild fotografieren Sie mit den gleichen Kameraeinstellungen, jedoch ohne diese Karte. In der nachträglichen Bildbearbeitung nehmen Sie den beschriebenen Weißabgleich auf die Graufläche des ersten Bildes vor und übertragen den ermittelten Wert manuell auf das zweite Bild (also das Motiv ohne diese Karte). Das hört sich vielleicht kompliziert an, ist aber die schnellste Methode, um bei unklaren Verhältnissen zu einem Ergebnis zu kommen.


Spezielle Bildbearbeitungswerkzeuge für die genaue lokale Korrektur

Während die vorherigen Methoden das ganze Bild veränderten, kann es aber auch sein, dass Sie nur in bestimmten Bildbereichen Korrekturen vornehmen wollen. Das funktioniert in der nachträglichen Bildbearbeitung. Sehr gut geeignet sind dazu spezielle Maskenwerkzeuge. Dafür definieren Sie zunächst den Bereich, der repariert werden soll, indem Sie beispielsweise mit dem Maskenpinsel eine zunächst nicht sichtbare Fläche darübermalen. Wenn Sie dann an den Farbreglern zupfen, wird sich dieser Bereich anpassen. Zugegeben, anfangs braucht man dazu Geduld, aber mit etwas Übung geht das recht flott von der Hand.

Manche Programme bieten neben dem Pinselwerkzeug verschiedene andere Maskierungstools an, wie beispielsweise geradlinige und kreisartige Verläufe oder auch automatische Objekterkennungen oder Himmelsauswahlen.


Dringend empfohlen: Bildschirm kalibrieren

Was nützen jedoch all die bisher unternommenen Anstrengungen, wenn der Bildschirm des Bildbearbeiters nicht richtig eingestellt ist?

Jeder wird das kennen: Sobald Sie einen neuen Computer oder neuen Bildschirm erhalten, stellen Sie ihn so ein, dass Sie ein angenehmes Betrachtungserlebnis haben. Manch einer bevorzugt mehr Helligkeit oder weniger Kontrast, während sich andere zusätzlich wohler fühlen, wenn der Bildschirm ein etwas wärmeres Licht abgibt. Andere stellen ihren Monitor wiederum ganz anders ein.

Wer auf dieser Basis Bilder mit dem Ziel bearbeitet, dass sie dem Original entsprechen, wird unter den individuellen Bildschirmeinstellungen die eigentlichen Bildstimmungen immer verfremden.

Daher ist es von Vorteil, wenn Sie immer mit einer normierten Bildschirmdarstellung arbeiten. Für die Kalibrierung benötigen Sie lediglich etwas Hard- und Software und einige Minuten Zeit. Mit einem Kalibrierkopf werden die aktuellen Bildschirmparameter ermittelt und mit den eigentlichen Echtfarben verglichen. Die Differenz wird dann in ein Farbprofil geschrieben, das bei jedem Computerstart geladen wird und den Bildschirm automatisch korrigiert. Anschließend sollten Sie den Bildschirm aber nicht mehr verstellen.

Was ist aber, wenn auch der Empfänger seinen Bildschirm beliebig eingestellt hat? Dagegen können Sie leider nichts machen. Im Zweifel wissen Sie aber, dass Ihre Farben korrekt sind und Ihre eingangs erwähnte Fassade tatsächlich nicht schwefelgelb ist. Sie haben also nichts falsch gemacht.

Und dann gibt es noch einen zweiten Aspekt: Sobald Sie mit externen Dienstleistern wie Webdesignern, Druckstudios oder Werbewerkstätten arbeiten, müssen die nichts mehr an den Bilderfarben korrigieren, weil Sie Echtfarben aufgeliefert haben. Falls hier etwas schiefgeht, können Sie sich darauf berufen.




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Fazit


Korrekte Farben sind in der Immobilienfotografie ein Muss. Dafür ist Folgendes notwendig:

  • Bei wechselnden Lichtverhältnissen (also fast immer) soll die Weißabgleichsautomatik der Kamera erstmal ihren Job machen.
  • Die Kamera wird auf ein neutrales Aufnahmeprofil eingestellt.
  • Eine exakte Weißabgleichskorrektur erfolgt in der Bildbearbeitungssoftware (meist per Mausklick).
  • Lokale Korrekturen benötigen mehr Zeit und Aufmerksamkeit mit dem Maskenwerkzeug.
  • Der Computer-Bildschirm für die Bildbearbeitung und -beurteilung sollte kalibriert sein.

Mit diesen Schritten dürften unliebsame Farbabweichungen der Vergangenheit angehören.




Zum Autor

Oliver M. Zielinski zählt im deutschsprachigen Raum zu den bekanntesten Coaches, wenn es darum geht, Immobilien besser zu fotografieren. Mit einem Erfahrungsschatz aus 35 Jahren kommerzieller Fotografie, betreibt er heute in der Nähe von Berlin das Fotostudio PrimePhoto, das sich weltweit auf die Immobilienfotografie spezialisiert hat.