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Deep Dive Immobilienfotografie: Was hat es mit HDR auf sich?


HDR ist offensichtlich so eine Art Zauberformel. Immer öfter queren diese drei Buchstaben unseren Weg durch die Technikabteilung im Elektronikmarkt. Wir finden Sie bei den Einstellungen am neuen Flachbildfernseher. Gute und moderne Smartphones haben eine HDR-Option. Und letztlich gibt es die Funktion HDR auch bei vielen modernen Fotoapparaten.

Also liegt die Vermutung nahe, dass HDR etwas mit der bildlichen Darstellung zu tun haben muss. Die Abkürzung HDR steht für „High Dynamic Range“ (Hoher Dynamikumfang). Alternativ findet man in älterer Literatur oder auf historischen Internet-Seiten auch das Kürzel DRI für „Dynamic Range Increase“ (Dynamikumfangerhöhung). Beides sagt dem Laien zunächst nicht viel. Bringen wir also etwas Licht ins Dunkel - und das meine ich wortwörtlich!


Jeder Makler kennt das Dilemma: Innenaufnahmen sind über- oder unterbelichtet

Selbstverständlich möchten wir auf unseren Bildern ein realistisches Abbild der Umwelt wiedergeben. Immobilien sollen auf Fotos so abgebildet werden, wie ein potenzieller Interessent sie auch bei einer Begehung wahrnehmen würde.

Jeder Makler kennt aber das Problem: Sind auf den Abbildungen in den hellsten Bildteilen alle Details sichtbar, dann erscheinen weniger lichtdurchflutete Bereiche oft viel zu dunkel. Viel schlimmer ist aber der gegenteilige Fall: Wenn der Innenraum korrekt belichtet ist, dann sind häufig die Fenster völlig überstrahlt, so dass dort keine Details mehr erkennbar sind.

 

Beschränkungen der Kameratechnik

Das liegt ganz einfach daran, dass selbst eine professionelle Kamera nur halb so viele Helligkeitsstufen in einem Bild erfassen kann, wie unsere menschliche Wahrnehmung mit den Augen. Je weniger professionell eine Kamera ausgestattet ist, umso schlechter ist dieses Verhältnis. Außerdem: Je kleiner der Sensor einer Kamera ist, umso schwieriger ist es, diese Aufgabe zu bewältigen.

Fotografieren wir also eine Situation mit krassen Lichtgegensätzen - wie beispielsweise bei Innenaufnahmen von Immobilien - kann die Kamera immer nur einen Teil des wahrnehmbaren Helligkeitsspektrums erfassen. Ihr so genannter Dynamikumfang ist von Natur aus gering.


HDR-Automatik vs. manuelle HDR-Bilder

Mit der HDR-Technik lässt sich dieser Helligkeitsspielraum strecken.

Manche Kameras haben daher eine zuschaltbare HDR-Funktion eingebaut. Das gängige Verfahren lautet, dass direkt nacheinander mehrere Fotos mit unterschiedlichen Helligkeiten gemacht werden, um daraus die jeweils korrekt belichteten Bereiche nahtlos zu überblenden und in einem finalen Bild zu speichern. Oft kann man die Stärke dieses Effekts an der Kamera grob einstellen.

Das Bildergebnis dieser Kameraautomatik empfinde ich jedoch nicht als zufriedenstellend. Daher empfehle ich für Immobilienfotos ausdrücklich, manuell drei deckungsgleiche Aufnahmen mit verschiedenen Helligkeiten (beispielsweise: -2 Lichtwerte | genau belichtet | +2 Lichtwerte) anzufertigen. Dazu kann man beispielsweise die Funktion "Automatische Belichtungsreihe" der Kamera nutzen, häufig benannt mit den Kürzeln "Bracketing", "BKT" oder "AEB".

Die Einzelbilder werden am Computer in der Bildbearbeitungssoftware zusammengefügt. Ziemlich alle modernen Programme bieten dazu inzwischen eine entsprechende Funktion. In den bekanntesten Programmen Adobe Photoshop und Adobe Lightroom Classic dauert dieser Prozess meist unter 20 Sekunden. Doch der kleine Mehraufwand lohnt sich, weil man anschließend viel genauer den beabsichtigten Effekt einstellen kann.


Checkliste

Voraussetzungen für HDR-Fotos:
  • eine Kamera, bei der die Belichtung manuell beeinflusst werden kann
  • ein Stativ, damit exakt deckungsgleiche Aufnahmen gemacht werden können
  • eine Software, die korrekte Bereiche aus einzelnen Fotos nahtlos überblendet.

Welche Grenzen gibt es für HDR?

Die HDR-Technik funktioniert nicht zufriedenstellend, wenn die Bilder oder Bildbestandteile nicht wirklich deckungsgleich sind.

Kleine Deckungsfehler des ganzen Bildes um wenige Pixel kann die Software meist gut ausgleichen. Fotografiert man jedoch aus freier Hand, ist die Abweichung oft so groß, dass ruinöse Kontrastkanten im Endbild zu sehen sind. Durch die Fotografie vom Stativ lässt sich diese Fehlerquelle ausschließen. Ich empfehle zudem, die Kamera berührungslos auszulösen, beispielsweise mit einem Funk-Fernauslöser oder behelfsweise dem eingebauten Selbstauslöser.

Wenn sich Bildteile bewegen, kann es zu so genannten Geistern kommen, weil diese Bereiche auf jedem Foto an einer anderen Stelle zu sehen sind. Auch hier kann gute Software bis zu einem bestimmten Grad Fehler ausgleichen. Wenn jedoch bei einer Immobilienaufnahme beispielsweise starker Wind, Regen oder Schneefall herrscht, dann sind die Exterieur-Bildinhalte der Einzelaufnahmen so unterschiedlich, dass Bildteile nur partiell dargestellt werden. Schlimmer noch ist es bei sich bewegenden Personen oder Fahrzeugen. Hier hilft dann nur die aufwändigere manuelle Bildretusche. Oder man wartet einen kurzen Moment, bis sich die Situation beruhigt hat.



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Fazit


Mit der Magie der HDR-Technik lassen sich viele Innenraumfotos realistischer darstellen:

  • Das Interieur wird damit korrekt belichtet, und gleichzeitig zeigt der Außenbereich hinter den Fenstern viele Einzelheiten.
  • Auch in Außenaufnahmen bei starkem Sonnenschein lassen sich damit Details in den Sonnen- und Schattenbereichen retten.
  • Die Zauberformel HDR überwindet eine der zwei letzten Beschränkungen der aktuellen Fototechnik, um eindrucksvollere Immobilienfotos zu zeigen.

Über das andere Hindernis lesen Sie an dieser Stelle demnächst einen weiteren Artikel.



Zu Bild 1 (unten): HDR-Anzeige in der Sucheransicht der Nikon Z50: Die Bracketing-Funktion ist aktiv (AE-BKT) für drei Aufnahmen im Abstand von je zwei Lichtwerten.

Zu Bild 2 (unten): Menüeinstellung für HDR-Aufnahmen der Nikon Z50: Die Automatische Belichtungsreihe ist eingeschaltet (AE) und ist auf drei Aufnahmen mit je zwei Lichtwerten Abstand vorbereitet. Ein Lichtwert entspricht dabei einer vollen Blenden- oder Belichtungszeitstufe.


Zum Autor
Oliver M. Zielinski zählt im deutschsprachigen Raum zu den bekanntesten Coaches, wenn es darum geht, Immobilien besser zu fotografieren. Mit einem Erfahrungsschatz aus 35 Jahren kommerzieller Fotografie, betreibt er heute in der Nähe von Berlin das Fotostudio PrimePhoto, das sich weltweit auf die Immobilienfotografie spezialisiert hat.