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Dein Boden, mein Gebäude: Baurecht und Superädifikat


Foto „Haus_klein“: Wohnhaus auf fremdem Boden: Der Bauzins – oder auch Baurechtszins – ist die Gegenleistung des Bauberechtigten an den Grundstückseigentümer für die Einräumung des Baurechts. Meist wird dieser einmal pro Jahr geleistet.
Credit: unsplash

In Form von Baurecht und Superädifikat lassen sich die während der letzten Jahre deutlich gestiegenen Grundstückspreise umschiffen. Doch wie gestaltet sich deren Bewertung?


Stolz thront das der Kongregation der österreichischen Augustiner-Chorherren gehörende Stift Klosterneuburg nordwestlich der Bundeshauptstadt. Stolz sind auch die Besitztümer, über die es verfügt. So gilt es als einer der größten Anbieter von Baurechten im Raum Wien, Korneuburg, Bisamberg, Langenzersdorf, Tattendorf und selbstverständlich in Klosterneuburg selbst. Auch die Esterhazy Betriebe AG ist in dem Segment aktiv. Auf einem Baurechtsgrund am Neufelder See im Burgenland entwickelt sie gerade das sechs Freizeitwohnsitz-Apartments umfassende Projekt „Sinfonie“.

Doch was ist eigentlich unter einem Baurecht zu verstehen? Der in den §§ 294 sowie 297 ABGB festgelegte römische Rechtssatz „Superficies solo credit“ postuliert Grund- und Gebäudebesitz als eine Einheit. Dieser meint, dass in der Regel alles zum Eigentum eines Grundstücks gehört, was in grundfester Art und Weise dort errichtet wird. Das ABGB bestimmt diesbezüglich, dass Bauwerke unselbstständige und sonderrechtsunfähige Bestandteile einer Liegenschaft sind, wenn sie sich mit Belassungsabsicht darauf befinden. Diesen Grundsatz durchbricht das Baurecht. Selbiges bewerkstelligen Superädifikate. Denn besagte zwei Begriffe regeln das Bauen auf fremdem Boden.


Bauwerke auf fremdem Grund
In beiden Konstellationen fallen Bauwerks- und Grundstückseigentümer auseinander. Gemäß § 435 ABGB sind Superädifikate Bauwerke, die auf fremdem Boden in der Absicht ausgeführt werden, dass sie nicht stets dort verbleiben. Solche Gebäude gehören folglich einer anderen Person, als es das Grundstück tut. Baurecht hingegen ist das dingliche, veräußerliche und vererbliche Recht, auf fremdem Grund ein Bauwerk zu errichten.

Der Grundstückseigentümer behält in beiden ¬Fällen das Eigentum am Grund. Der wesentliche Unterschied besteht in der Beständigkeit der errichteten Gebäude. Beim Baurecht bildet eine dauerhafte Errichtung von beispielsweise Wohnhäusern oder Geschäftslokalen das Ziel. ¬Superädifikate betreffen im Gegensatz dazu nichtbeständige Bauten wie Märkte, Lagerhallen, Kabanen oder Gartenhütten.



Penible Vertragsprüfung
Um bei Unterschieden zu bleiben: Das Baurecht geht mit einer Eintragung im Grundbuch einher. Dazu wird eine neue Einlagezahl eröffnet, die sogenannte Baurechtseinlage. Jedenfalls gilt das Baurecht immer zwischen zehn und hundert Jahren, wobei geregelt wird, was danach mit dem Bauwerk passieren soll. Die Laufzeit beim eingangs erwähnten Projekt „Sinfonie“ am Neufelder See beträgt neunzig Jahre. Eigentum an einem Superädifikat begründet sich hingegen nicht durch Verbücherung, sondern durch die bloße Bauführung selbst. Ihre Rechtssicherheit fällt infolgedessen wesentlich geringer als die eines Baurechts aus. Auch kann ein Baurecht im Nachhinein, also nach Errichtung eines Gebäudes, begründet werden. Das ist bei Superädifikaten nicht möglich.

Um sämtliche relevanten Eckdaten zu erfassen, sind Baurechts- und Superädifikatsverträge vor der Wertermittlung einer genauen Überprüfung zu unterziehen. Baurechtsverträge enthalten Vereinbarungen über die Laufzeit, die Höhe des Bauzinses sowie den Bezahlmodus, eine Wertsicherungsklausel, die Verteilung der Betriebskosten, die Entschädigung für das Gebäude bei Erlöschen des Baurechts etc. Der Superädifikatsvertrag erfasst ähnliche Bestimmungen. Ein wesentliches Merkmal bildet allerdings die Tatsache, dass – wie erwähnt – das zu errichtende Objekt dort nicht dauerhaft verbleiben soll.


Quasi idente Bewertungstechniken
Punkto Bewertungstechnik existieren zwischen Baurecht und Superädifikat praktisch keine Abweichungen. Obwohl rechtlich wesentliche Unterschiede herrschen, können also die gleichen Verfahrensschritte angewendet werden. Die Grundsätze – anhand eines Baurechts – in drei Punkten lauten, dass erstens nach dem rechtlichen Konstrukt der Wert des Baurechts dem Bodenwertanteil bei einer Bewertung einer bebauten Liegenschaft gleichzusetzen ist. Er ist aus der Differenz zwischen dem angemessenen und dem tatsächlich vereinbarten Bauzins abzuleiten.

Zweitens geht es um die Bewertung der Baurechtseinlage. Wenn das Baurecht den Bodenwertanteil der Baurechtseinlage darstellt, muss konsequenterweise die Verzinsung dieses Wertes der im Standard-Ertragswertverfahren zu ermittelnden Bodenwertverzinsung entsprechen. Und schließlich muss drittens die mit dem Baurecht belastete Liegenschaft bewertet werden. Dabei sind sämtliche mit der Einräumung eines Baurechts verbundenen Lasten der Stammliegenschaft zu ermitteln und diese vom Wert der unbelasteten Liegenschaft abzuziehen.



Fazit
Punkto Bewertungstechnik existieren zwischen Baurecht und Superädifikat praktisch keine Abweichungen. Obwohl rechtlich wesentliche Unterschiede herrschen, können also die gleichen Verfahrensschritte angewendet werden. Die Grundsätze – anhand eines Baurechts – in drei Punkten lauten, dass erstens nach dem rechtlichen Konstrukt der Wert des Baurechts dem Bodenwertanteil bei einer Bewertung einer bebauten Liegenschaft gleichzusetzen ist. Er ist aus der Differenz zwischen dem angemessenen und dem tatsächlich vereinbarten Bauzins abzuleiten.





Online-Fachseminar zum Thema: Der angemessene Zinssatz
bei Baurechten und Superädifikaten


Die Sprengnetter Austria Akademie hat ein Fachseminar zu diesem Thema in Kooperation mit dem o.a. Experten konzipiert.


Themenschwerpunkte

  • Definition/Unterschied, Voraussetzungen, Vereinbarungen

  • Erkennen eines Superädifikats

  • Begründung Superädifikat und Baurecht

  • Baurechts- bzw. Superädifikatsvertrag

  • Rechtsfragen

  • Überführung eines Superädifikats in ein Baurecht – und umgekehrt?

  • Marktsituation bei Baurechten in Österreich

  • Praktische Bewertungsbeispiele


Termin und Veranstaltungsart

Termin: Donnerstag, 20. Juni 2024
Uhrzeit: 09:00 - 12:00 Uhr
Format: Online (Zoom-Veranstaltung)
 
        


Weiterführende Informationen zum Fachseminar finden Sie hier




Zur Autorin

Claudia Aigner ist Chefredakteurin der „Österreichischen Immobilien Zeitung“ (OIZ). Seit 1998 ist die gebürtige Oberösterreicherin im Fachjournalismus tätig; konkret für Magazine im Bereich Werbung, Tourismus, Telekommunikation sowie Industrie. Nach einem „Abstecher“, der sie in die PR führte, bereitet sie seit elf Jahren Immobilienthemen – quer durch alle Assetklassen – redaktionell auf.