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Dunkle Wolken am Wohnhimmel


Foto „Wohnungen, klein“: Für heuer und die kommenden Jahre orten Branchenexperten einen weiteren Rückgang der Wohnbautätigkeit in Österreich.  Credit: Unsplash

Gewerbliche und gemeinnützige Bauträger stoßen bei der Warnung vor einem markanten Einbruch der Neubautätigkeit in Österreich ins selbe Horn. Und sie legen Vorschläge, wie Wohnraum vergünstigt und somit der Markt wieder angekurbelt werden kann, auf den Tisch.


Die Lage am heimischen Wohnungsmarkt lässt nicht nur gemäß der vor Kurzem ins Leben gerufenen Initiative „Mehr leistbaren Wohnraum schaffen“ die Alarmglocken schrillen. Hinter ihr stehen die gemeinnützigen Bauträger Arwag, Altmannsdorf-Hetzendorf, EBG, Neues Leben, ÖSW und Wien-Süd. Gab es laut der Initiative 2021 noch 77.100 bewilligte Wohnungen in der Alpenrepublik, so ging diese Zahl binnen eines Jahres um fast zwanzig Prozent auf 62.600 zurück. Das ist der geringste Wert seit einer Dekade. Für heuer und die folgenden Jahre orten die Experten einen weiteren Rückgang.

Die Ursachen dafür sind insbesondere in den hohen Baukosten, den gesalzenen Grundstückspreisen sowie in den zunehmend komplizierten und langwierigen Bauverfahren zu suchen. Handlungsbedarf seitens der Politik sei dringend nötig. Vor diesem Hintergrund präsentiert „Mehr leistbaren Wohnraum schaffen“ fünf Vorschläge, um die Bautätigkeit wieder anzukurbeln. Erstens müsse der Normen-Dschungel gerodet und zweitens müsse leistbarer Wohnraum als öffentliches Interesse klassifiziert werden.


Bauverfahren beschleunigen
Der dritte Vorschlag basiert auf dem zweiten, indem er die Neuausrichtung der Einspruchsrechte für Wohnraum im öffentlichen Interesse thematisiert. Was ist damit gemeint? Aktuell existieren bei Baubewilligungsverfahren drei Instanzen. Die Initiative regt an, die erste Instanz – also diejenige, die den Baubescheid ausstellt – generell stärker an das vereinfachte Verfahren nach der Wiener Bauordnung anzulehnen. Nämlich, dass der Bauwerber entsprechende Bestätigungen von befugten Sachverständigen beilegt, die von der Behörde nicht mehr vertieft zu prüfen sind. Außerdem erhalten Anrainer nicht per se Parteistellung, sondern erst, wenn sie konkrete substantielle Einwände vorlegen.

Der vierte Vorschlag der Initiative lautet, die Bauverfahren zu beschleunigen. Schließlich steigen die Anforderungen an die Verwaltungen in den letzten Jahren aufgrund der Vielfalt und Komplexität massiv. Daher solle eine Bewilligung schon vor der Erfüllung von hundert Prozent der Anforderungen erfolgen können. Auch eine Aufstockung des Personals würde zur Beschleunigung beitragen. Weiters könnten Kapazitätsengpässe bei Behörden durch Ziviltechnikergutachten entschärft werden, weil die Bauträger ohnehin in fast allen Fachplanungsbereichen Ziviltechniker beauftragen. Last but not least soll fünftens die Flächenwidmung zur Vereinbarkeit von Naturschutz und Wohnbau neugestaltet werden. Im Zuge eines Widmungsprozesses müsse parallel ausreichend Platz und Berücksichtigung für die Themen Umwelt-/Artenschutz gefunden werden, um Rechtssicherheit zu erlangen.


KIM-Verordnung entschärfen
Entschidenden Auch die Vereinigung Österreichischer Projektentwickler (VÖPE), zu der circa fünfzig gewerbliche Bauträger zählen, warnte bei einer Pressekonferenz kürzlich vor einem gravierenden Einbruch im Wohnbau. VÖPE-Vizepräsident Peter Ulm erklärte: „Wir fordern unter anderem, die KIM-Verordnung radikal zu entschärfen und für berechenbare Fixzinskredite vollends abzuschaffen. Steuerliche Liebhabereifristen bei Investitionen in Mietwohnungen müssen angesichts der Marktlage mit hohen Preisen und längeren Finanzierungsdauern ausgeweitet werden. Zur Entlastung der Konsumenten wäre eine drastische Reduktion der Kaufnebenkosten für das selbstbewohnte Eigenheim wie bei der Grundbucheintragungsgebühr vonnöten.“

Außerdem brauche es mehr Anreize für klimagerechtes Bauen und zur Förderung der Energiewende. Die Mitglieder der VÖPE denken hier an die Einrichtung von „Fast-Lanes“ in Genehmigungsprozessen sowie eine drastische Reduktion von Bürokratie in allen Bauordnungen. Schlussendlich sollten Zukunftsinvestitionen auch durch ein gerechtes Mietrecht belohnt werden.


Stichwort Baukosten
Zum eingangs genannten Faktor der hohen Baukosten tun sich – abseits vom Politischen – pragmatische Zugänge auf. Denn laut einem von PlanRadar veröffentlichten Bericht basieren elf Prozent der Baukosten auf Nacharbeiten. Sprich, es gilt, Mängel zu beheben. „Zeit ist ein wesentlicher Faktor in jeder Geschäftsstrategie. Dies zeigt sich besonders in der Bauindustrie, wo Nacharbeiten alles andere als ungewöhnlich sind und kostspielige Verzögerungen für alle Beteiligten verursachen. Unvorhergesehene Situationen, die durch Nacharbeiten verursacht werden, haben nicht nur aus wirtschaftlicher Sicht Konsequenzen, sondern für das gesamte Projekt und das gesamte Unternehmen,“ kommentierte Sander van de Rijdt, Mitbegründer und CEO von PlanRadar.

Neben den wirtschaftlichen Auswirkungen können erforderliche Nachbesserungen zu Ansprüchen wegen Vertragsbruchs und zu weiteren rechtlichen Titeln führen. Darüber hinaus hat jede Nachbesserung Einfluss auf die Moral der Arbeitnehmer. In Anbetracht des Fachkräftemangels in der Branche sollten die Unternehmen diese Tatsache nicht ignorieren, da die Produktivität darunter leiden könnte. Der Einsatz digitaler Lösungen könne laut PlanRadar die Kosten für Nacharbeiten um über fünfzig Prozent drosseln.



       
Fazit

Wenn gemeinnützige wie gewerbliche Bauträger bei Kassandra-Rufen denselben Ton anschlagen, ist Obacht angebracht. Wegen der hohen Baukosten, der teuren Grundstückspreise sowie der zunehmend komplizierten und langwierigen Genehmigungsverfahren bricht hierzulande der Wohnungsneubau ein. Demgegenüber steht ein deutlich größerer Bedarf, insbesondere in Ballungszentren wie Wien, als er ursprünglich prognostiziert war. Eine der Ursachen dafür ist die zunehmende Migration, etwa durch Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine. Vorschläge, wie Wohnraum vergünstigt und so der Markt wieder angekurbelt wird, gibt es etliche. Beim Großteil liegt der Ball bei der Politik.



Zur Autorin

Claudia Aigner ist Chefredakteurin der „Österreichischen Immobilien Zeitung“ (OIZ). Seit 1998 ist die gebürtige Oberösterreicherin im Fachjournalismus tätig; konkret für Magazine im Bereich Werbung, Tourismus, Telekommunikation sowie Industrie. Nach einem „Abstecher“, der sie in die PR führte, bereitet sie seit elf Jahren Immobilienthemen – quer durch alle Assetklassen – redaktionell auf.