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KIM-Verordnung - Ende des Schreckens


Foto „Eigentumswohnung_klein“: Der Traum vom Eigenheim kann wieder eher Realität werden.
Credit: unsplash

Gepaart mit den massiv gestiegenen Zinsen zeichnet die Einführung der KIM-Verordnung für den Einbruch des heimischen Wohnimmobilienmarkts mitverantwortlich. Mit dem 30. Juni 2025 laufen die restriktiven Kreditvergaberichtlinien aus. Doch wohin führt nun die Branchenreise?


Am 17. Dezember 2024 meldete sich schließlich der Freiheitliche Parlamentsklub zur Causa prima zu Wort. „Anfang Dezember 2024 brachten wir im parlamentarischen Budgetausschuss einen Antrag auf Streichung der KIM-Verordnung mit Jahresbeginn 2025 ein, der aber von ÖVP und Grünen vertagt wurde“, berichtete Generalsekretär Michael Schnedlitz. Und weiter: „Wenn nämlich unsere Bau- und Immobilienwirtschaft nicht rasch angekurbelt wird, droht auch ein Super-GAU am österreichischen Arbeitsmarkt und das muss mit allen Mitteln verhindert werden. (…)“

Dieses Statement fiel, bevor in Österreich innenpolitisch kein Stein auf dem anderen blieb. Am 3. Jänner 2025 platzten bekanntlich die Regierungsverhandlungen zwischen der ÖVP, der SPÖ sowie den Neos mit einem lauten Knall. Am Folgetag scheiterten die Gespräche zwischen den beiden erstgenannten Parteien ebenfalls. Seit dem 10. Jänner 2025 ringen nun die FPÖ und die ÖVP um eine Koalitionseinigung. Je nachdem, ob und wann diese zustande kommt, könnten die Vertreterinnen und Vertreter der Freiheitlichen Partei an ihre Wortmeldung, die KIM-Verordnung sofort ersatzlos zu streichen, gemahnt werden.


Am 1. August 2022 in Kraft getreten
Dabei zeigte sich die heimische Immobilienbranche schon hocherfreut, dass die umstrittene Regelung am 30. Juni 2025 ausläuft. Die diesbezügliche Information kam durchaus überraschend. In seiner 43. Sitzung am 2. Dezember 2024 hatte das Finanzmarktstabilitätsgremium (FMSG) entschieden, die Kreditinstitute-Immobilienfinanzierungsmaßnahmen-Verordnung – so der sperrige, vollständige Name – wie vorgesehen nicht zu verlängern. In besagter Sitzung wurde festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Beibehaltung der Verordnung nicht mehr vorliegen. Zwar hält das FMSG die Bankinstitute weiterhin dazu an, bei der Risikoprüfung in der Kreditvergabe besondere Vorsicht walten zu lassen. Künftig besteht jedoch keine legistische Schranke mehr, sondern es kann dies individuell geprüft werden.

Zur Erinnerung: Die KIM-Verordnung war seit 1. August 2022 auf neu vereinbarte private Wohnimmobilienfinanzierungen rechtlich verbindlich anzuwenden. Entsprechend der Empfehlungen des FMSG und aufbauend auf einem Gutachten der Österreichischen Nationalbank hatte die Finanzmarktaufsichtsbehörde folgende Obergrenzen für die Vergabe von Wohnimmobilienfinanzierungen erlassen:

  • Eine maximale Beleihungsquote von 90 Prozent, wobei den Kreditinstituten ein Ausnahmekontingent von 20 Prozent zugestanden wird.
  • Eine Schuldendienstquote von maximal 40 Prozent (Ausnahmekontingent: 10 Prozent).
  • Eine Laufzeit von maximal 35 Jahren (Ausnahmekontingent 5 Prozent).
  • Insgesamt dürfen aber bei einem Kreditinstitut maximal 20 Prozent aller Kredite eine der Obergrenzen überschreiten.
  • Um Renovierungen und Sanierungen – insbesondere den Umstieg von fossilen auf erneuerbare Energieträger – zu erleichtern, sind Finanzierungen bis zu einer Geringfügigkeitsgrenze von 50.000 Euro von diesen Vorgaben ausgenommen.


Vor allem Schuldendienstquote in der Kritik
Von Anbeginn an liefen die Banken sowie die Immobilien- und Bauwirtschaft gegen die Einführung KIM-Verordnung Sturm. Vor allem die Schuldendienstquote von maximal 40 Prozent stand in der Kritik. „Dank“ ihr konnten auch Einkommensstarke ihre Wohnbaukredite nicht finanzieren, weil sie nicht rückführen durften, obwohl sie gekonnt hätten. In seiner Sitzung am 12. März 2024 gab das FSMG eine neue Empfehlung zur KIM-Verordnung heraus. Diese schaffte allerdings nur sehr geringfügige Verbesserungen im Bereich des Ausnahmekontingents der Banken.

Entsprechend groß war wie erwähnt das Aufatmen, als das FSMG das Auslaufen der restriktiven Kreditvergaberichtlinien kommunizierte. Es gab kaum eine branchenrelevante Organisation beziehungsweise Institution, die sich ab dem 2. Dezember 2024 nicht zu Wort meldete. So reklamierten Vertreter der rot-weiß-roten Bauwirtschaft und Baustoffindustrie, die sich zur Initiative „Mehr Zuhaus‘ in Österreich“ zusammengeschlossen hatten, dass primär Jungfamilien sowie Alleinverdienern der Erwerb eines Eigenheims erschwert wurde. Unterm Strich erhielten gemäß der Initiative bis zu 50 Prozent der Antragsteller wegen der KIM-Verordnung einen ablehnenden Kreditbescheid. Das Umdenken sei erfreulich, komme aber angesichts des andauernden Tiefstands beim Wohnbau sehr spät. Um drohende Wohnraumnot und steigende Arbeitslosigkeit im Bausektor zu verhindern, seien weitere Schritte notwendig; wie eine Aufstockung der Wohnbauförderung bei wiedereingeführter Zweckwidmung und vereinfachte Flächenwidmungen.


Markterholung nur eine Frage der Zeit?
Auch die Vertreter des Fachverbands der Immobilien- und Vermögenstreuhänder begrüßten das Auslaufen der KIM-Verordnung erwartungsgemäß. Damit falle eine wesentliche Hürde für die Schaffung von Wohneigentum weg. Der Rückgang bei der Kreditvergabe und dass sich Menschen dadurch ihr Eigenheim nicht finanzieren konnten, habe massive Auswirkungen auf den Wohnungsneubau, wie der „1. Österreichische Neubaubericht“, der die Fertigstellungszahlen von Neubauwohnungen hierzulande erhebt und prognostiziert, zeige. Mit Blick auf die aktuellen Berichtsdaten warnte Fachverbandsobmann Gerald Gollenz: „Der Wohnungsneubau und die Sanierungen auf Neubauniveau drohen in den kommenden Jahren nicht ein-, sondern in Wahrheit zusammenzubrechen. Ohne Gegenmaßnahmen würde demnach die Zahl der frei finanzierten Eigentumswohnungen bis 2026 von rund 17.380 Einheiten auf nicht einmal mehr 1.793 sinken und die Zahl der frei finanzierten neu errichteten Mietwohnungen von 7.350 auf nur noch 1.350 neue Einheiten.“

Michael Klien, Senior Economist beim Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung (Wifo), erwartet sich jedenfalls nach dem Auslaufen der strengen Regeln für die Kreditvergabe einen Aufschwung in der Bauwirtschaft. Eine Erholung des Sektors sei nur eine Frage der Zeit, zumal das Ende der KIM-Verordnung mit Zinssenkungen zusammenfalle, die "wieder mehr Leute auf den Immobilien- und Wohnungsmarkt bringen werden. Da wird eine Kette in Gang gesetzt, die mittelfristig zu einer Belebung führen wird", sagte Klien zur APA. Wann genau die Effekte der Abschaffung sichtbar werden, sei aktuell schwer abschätzbar. Das werde auch davon abhängen, zu welchem Zeitpunkt und inwieweit die Banken die Senkung der Leitzinsen an die Kreditnehmenden weitergeben. Rückenwind erhalte der Sektor durch das im Frühling des Vorjahres seitens der Regierung geschnürte Baupaket sowie Lohnsteigerungen infolge der hohen Inflation. Eigentum werde damit definitiv wieder leistbarer, meinte der Wifo-Experte.




Fazit
Immobilienexpertinnen und -experten kritisierten die KIM-Verordnung von Anfang an scharf. Deren Einführung am 1. August 2022 sei zwar mit guten Absichten erfolgt – jedoch zu einem Zeitpunkt, als die Zinsen schon anzogen und die Nachfrage nach Krediten ohnehin zurückging. Ergo fast eine Dekade zu spät. Dabei hätte sich das Regelwerk durchaus dazu geeignet, die Auswüchse der Boomphase ab Mitte der 2010er-Jahre einzudämmen und somit eine Überhitzung des Wohnimmobilienmarkts zu verhindern. Obwohl die KIM-Verordnung in der aktuellen Form ab dem 30. Juni 2025 Geschichte ist, könnte eine Neuauflage drohen. Dann nämlich, wenn die Kapitalquoten weiter rückläufig sind, die Kreditvergabestandards wieder offensiv werden und sich die Immobilienpreise von den Einkommen entkoppeln.

Eine Bemerkung am Rande: Angeblich wurde die KIM-Verordnung Ende letzten Jahres nur deshalb nicht sofort gestrichen, weil diese Maßnahme mit Mehrarbeit im Bürokratieapparat verbunden gewesen wäre. Das planmäßige Auslaufenlassen markierte den gemütlicheren Weg.



Zur Autorin

Claudia Aigner ist Chefredakteurin der „Österreichischen Immobilien Zeitung“ (OIZ). Seit 1998 ist die gebürtige Oberösterreicherin im Fachjournalismus tätig; konkret für Magazine im Bereich Werbung, Tourismus, Telekommunikation sowie Industrie. Nach einem „Abstecher“, der sie in die PR führte, bereitet sie seit elf Jahren Immobilienthemen – quer durch alle Assetklassen – redaktionell auf.