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Qualitätssicherung als Dreh- und Angelpunkt


Foto „Schulung“: Dynamischer Markt, dynamische Weiterbildungen. Nur so können sich Sachverständige bei der Immobilienbewertung auf dem Laufenden halten.
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Immobilienbewerter stehen vor einem komplexen Aufgabenparcours, der mit zahlreichen Fehlerquellen gespickt ist. Das klare Ziel: gesicherte Qualität.


Man möchte es nicht glauben, aber viele falsche Verkehrswertgutachten entstehen aufgrund von Messfehlern. Denn beispielsweise bei der Ermittlung der Wohnfläche eines Hauses werden dem Sachverständigen oft alte Grundrisse vorgelegt. Vor Ort wird dann nicht nachgemessen oder hinterfragt, ob Anbauten oder Abrisse die Quadratmeteranzahl verändert haben. So kann der Wert gleich um flotte fünf bis zehn Prozent danebengegriffen sein. Ein grober Schnitzer. Allerdings einer, der sich leicht eliminieren lässt. Es gilt lediglich, die Messinstrumente anzuwerfen.

An der korrekten Ermittlung von Flächen sollten Immobiliengutachten nicht scheitern. Prinzipiell stellen sich Sachverständige jedoch einer hochkomplexen Aufgabe. Ohne die gebotene Sorgfalt – wie im obigen Fall eben nachzumessen – und ohne eine fundierte Ausbildung, die laufend um aktuelle Gesetzestexte/-urteile aufgefrischt wird, lässt sich keine Reputation aufbauen.


Über die Relevanz der Qualität von Immobiliengutachten
Wie steht es also in Österreich um die Qualitätssicherung von Immobiliengutachten? Schließlich geht es hier um nichts weniger als darum, das Vertrauen von Auftraggebern zu gewinnen und die eigene Haftung zu minimieren. Welche vielfältigen Aspekte der Qualitätsprüfung und -sicherung sind also unerlässlich, um sich dauerhaft gegen sich einschleichende Fehler und Haftungstatbestände zu wappnen?

Über die enorme Relevanz von Immobiliengutachten muss an dieser Stelle nicht diskutiert werden. Sie fungieren als Grundlage für Finanzierungen, steuerliche Zwecke, gerichtliche Auseinandersetzungen sowie selbstverständlich für Kauf- beziehungsweise Verkaufsentscheidungen.


Liegenschaftsbewertungsgesetz als rechtliche Richtschnur
Als rechtliche Basis für Gutachten dient hierzulande bekanntlich das Liegenschaftsbewertungsgesetz (LBG), das am 1. Juli 1992 in Kraft trat. Es handelt sich dabei um die Nachfolge und Weiterentwicklung der bis dahin rund hundert Jahre geltenden Realschätzungsverordnung. Das LBG legt klare Richtlinien und Methoden fest, die sicherstellen, dass die ermittelten Werte realistisch und objektiv sind. § 2 LBG besagt, dass, sofern Gesetze oder Rechtsgeschäfte nichts Anderes bestimmen, der Verkehrswert einer Immobilie zu ermitteln ist. Der Verkehrswert wiederum ist jener Preis, der bei einer Veräußerung üblicherweise im redlichen Geschäftsverkehr erzielt werden kann. Die besondere Vorliebe und andere ideelle Wertzumessungen einzelner Personen haben bei der Ermittlung des Verkehrswertes außer Betracht zu bleiben, hält § 2 LBG weiters klar fest.


Vier allgemeine Bewertungsregeln
In § 3 listet das LGB vier allgemeine Regeln für die Bewertung auf. Diese sind:

(1) Für die Bewertung sind Wertermittlungsverfahren anzuwenden, die dem jeweiligen Stand der Wissenschaft entsprechen. Als solche Verfahren kommen insbesondere das Vergleichswertverfahren (§ 4), das Ertragswertverfahren (§ 5) und das Sachwertverfahren (§ 6) in Betracht.

(2) Wenn es zur vollständigen Berücksichtigung aller den Wert der Sache bestimmenden Umstände erforderlich ist, sind für die Bewertung mehrere Wertermittlungsverfahren anzuwenden.

(3) Rechte und Lasten, die mit der zu bewertenden Sache verbunden sind und deren Wert beeinflussen, sind bei der Bewertung entsprechend zu berücksichtigen. Wenn eine Bewertung von Rechten und Lasten nach den in den §§ 2 bis 7 enthaltenen Regeln nicht möglich ist, muss der vermögenswerte Vorteil des Berechtigten beziehungsweise der vermögenswerte Nachteil des Belasteten herangezogen werden.

(4) Ist nur ein Teil einer Liegenschaft, ein mit einer Liegenschaft verbundenes Recht oder eine darauf ruhende Last oder ein Teil eines Rechtes oder einer Last zu bewerten, so ist auch der Wert der ganzen Liegenschaft beziehungsweise des ganzen Rechtes oder der ganzen Last zu ermitteln, wenn dies für die Bewertung von Bedeutung ist.


Allgemeine Erfordernisse des Gutachtens
Im Sinne der Qualitätssicherung hält das LBG darüber hinaus fest, welche Bestandteile ein Gutachten umfassen muss. Dazu regelt § 9 in zwei Absätzen:

(1) Das Bewertungsgutachten hat zu enthalten:
   1. Zweck des Gutachtens, Bewertungsstichtag, Tag der Besichtigung der Sache, dabei anwesende
       Personen sowie verwendete Unterlagen;
   2. Befund mit einer Beschreibung der Sache nach ihren Wertbestimmungsmerkmalen und ihren
       sonstigen, für die Bewertung bedeutsamen Eigenschaften tatsächlicher oder rechtlicher Art;
   3. Bewertung unter Darlegung des angewendeten Wertermittlungsverfahrens und der Gründe für
       die Auswahl des angewendeten Verfahrens oder der allenfalls angewendeten Verfahrensverbindung.

(2) Wenn mit der zu bewertenden Sache Rechte oder Lasten verbunden sind, muss angegeben und begründet werden, inwieweit sie den Wert der Sache beeinflussen.


Vollständigkeit, Objektivität, Verständlichkeit, Bewertungsstichtag & Co
Ganz im Sinn der Sache legt das LBG die Latte bei der Gutachtenerstellung also hoch. Die relevanten Daten sowie Informationen müssen vollständig, nachvollziehbar und prüfbar erläutert sein und gegebenenfalls begründet werden. Die angewandten Bewertungsverfahren und -methoden müssen detailliert beschrieben und die Auswahl der Methode muss fachlich begründet werden. Eine genaue Beschreibung des baulichen Zustands der Immobilie, einschließlich eventueller Mängel oder Besonderheiten sowie eine umfassende Analyse der Lagefaktoren sind für ein Gutachten unerlässlich. Die Verwendung aktueller und relevanter Daten, die die wirtschaftliche Situation und die Marktbedingungen widerspiegeln, stellen einen wesentlichen Faktor dar. Dabei muss jederzeit klar identifizierbar sein, auf welchen Quellen besagte Daten basieren.

Jedenfalls muss das Gutachten objektiv und unparteiisch erstellt werden. Die Ergebnisse und Schlussfolgerungen müssen klar und verständlich dargestellt werden, sodass auch Laien den Inhalt sowie die Ergebnisse nachvollziehen können. Wichtig ist immer eine ehrliche Darstellung: Konnte der Sachverständige bei einem Mehrfamilienhaus nicht alle Wohnungen besichtigen, so muss er dies im Gutachten offenlegen und mitteilen, von welchen plausiblen Annahmen er diesbezüglich ausgegangen ist. Weiters muss das Gutachten es ermöglichen, eine Einschätzung der rechtlichen Rahmenbedingungen und deren Einfluss auf den Marktwert – beispielsweise Denkmalschutz, Baurecht – vornehmen zu können. Zwingend sind hierbei einmal mehr eine logische Argumentation und der Quellennachweis. Zudem fordert das LBG wie erwähnt, dass Gutachten stets für einen konkreten Stichtag erstellt werden.


Komplexitäten bei der Gutachtenerstellung
Stichwort: rechtliche Rahmenbedingungen. Erst kürzlich, nämlich am 13. Juni 2024, gab die Finanzmarktaufsichtsbehörde eine Novelle zur umstrittenen Kreditinstitute-Immobilienfinanzierungsmaßnahmen-Verordnung (KIM-VO) bekannt. Darin werden die bisher vier kennzahlenspezifischen Ausnahmekontingente auf ein einziges institutsspezifisches Ausnahmenkontingent in Höhe von zwanzig Prozent des Neukreditvolumens zusammengefasst. Klingt kompliziert, ist es wohl auch. Die Regelung, die am 1. Juli 2024 in Kraft tritt, beeinflusst die Immobilienbewertung. Denn, weil Private ihr Wunschobjekt wegen der KIM-VO oft nicht finanzieren können, sinkt die Nachfrage. Das stellt wiederum Bauträger vor die Notwendigkeit, ihre Bauvorhaben mangels Käufer aufzuschieben. Das betrifft Sachverständigen insofern, als sie versuchen, die Zukunft aufgrund der Vergangenheit zu prognostizieren. Das ist logischerweise schwierig, wenn Transaktionen Mangelware sind. Ob und wie die aktuelle Novelle der KIM-VO den Markt ankurbelt, ist schwer einschätzbar.

Dabei ist die Erstellung von Immobiliengutachten abgesehen von der Berücksichtigung der Änderung relevanter rechtlicher Rahmenbedingungen wie ausgeführt schon komplex genug. An dieser Stelle sei die EU Taxonomie-Verordnung erwähnt.



Qualitätssicherung – selbstverständlich, aber wie?


Angesichts dieser Herausforderungen führt kein Weg daran vorbei, dass Immobilienbewerter systematische Prozesse zur Qualitätssicherung implementieren. Diese garantieren, dass die Gutachten die erforderlichen Standards erfüllen und der Fehlerteufel sowie Ungenauigkeiten keinen Einzug finden. Die Maßnahmen beziehungsweise Ansätze entsprechen denen anderer Wissensdisziplinen, nämlich:


Weiterbildungen:

Nur so können sich Sachverständige bezüglich neuester Entwicklungen bei der Immobilienbewertung auf dem Laufenden halten. Einen erfahrenen Partner, wenn es um die fachliche Weiterentwicklung geht, finden Sie beispielsweise in der Sprengnetter Austria Akademie.



Interne Qualitätskontrollen:

Dank interner Prüfungen lassen sich Fehler frühzeitig erkennen und ausmerzen. Diese Kontrollen sollten systematisch, nach klar definierten Kriterien erfolgen.

Externe Qualitätsprüfungen:

Externe Überprüfungen durch unabhängige Experten ziehen eine zusätzliche Sicherheitsebene ein. Die Dienstleistungen der Sprengnetter Austria GmbH erfüllen die notwendigen Voraussetzungen und bieten Ihnen eine ideale Möglichkeit für externe Qualitätsprüfungen und Plausibilisierungen. Neben der Bereitstellung unserer Softwarelösung zur Immobilienbewertung und der dafür nötigen Daten, unterstützen wir Sie mit unserem Dienstleistungsportfolio bei der Analyse, dem Monitoring und der Überwachung Ihrer Immobiliensicherheiten. Damit gewinnen Sie eine sichere und aussagekräftige Entscheidungsbasis für Ihre Prozesse.




Vorteile laufender Qualitätsprüfungen
Ein bekanntes Zitat von Henry Royce (1863 – 1933), dem Mitbegründer von Rolls-Royce, lautet: „Qualität besteht, wenn der Preis längst vergessen ist.“ Der Wert regelmäßiger Qualitätsprüfungen kann nicht hoch genug eingestuft werden. Indem bei der Erstellung von Immobiliengutachten Fehler sowie Schwachstellen frühzeitig identifiziert und korrigiert werden, sinkt das Risiko von Haftungsansprüchen. Gleichzeitig wächst die Reputation und damit das Vertrauen der Auftraggeber. Laufende Qualitätsprüfungen rentieren sich also mehrfach.



Zur Autorin

Claudia Aigner ist Chefredakteurin der „Österreichischen Immobilien Zeitung“ (OIZ). Seit 1998 ist die gebürtige Oberösterreicherin im Fachjournalismus tätig; konkret für Magazine im Bereich Werbung, Tourismus, Telekommunikation sowie Industrie. Nach einem „Abstecher“, der sie in die PR führte, bereitet sie seit elf Jahren Immobilienthemen – quer durch alle Assetklassen – redaktionell auf.