Über den Wert von Immobilien in Gefahrenzonen
21. August 2024
Claudia Aigner
Immobilienwissen Österreich | Immobilienbewertung
Immobilienwissen Österreich | Immobilienbewertung
Foto „Überschwemmung“: Land unter: Der von der Wildbach- und Lawinenverbauung erstellte Gefahrenzonenplan zeigt, wo ein Risiko für Menschen, Fauna, Flora und Sachwerte wie Immobilien besteht.
Credit: unsplash
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Aufgrund der Erderwärmung kommt es vermehrt zu Überschwemmungen, Steinschlägen, Lawinen etc. Entsprechend spielen potenzielle Naturgefahren bei der Bewertung von Liegenschaften eine immer größere Rolle.
Die tiefgreifenden Auswirkungen des Klimawandels sind weltweit spürbar, prägen Wetterextreme und verursachen eine Kaskade von Folgen – die selbstverständlich auch die heimische Immobilienlandschaft nicht unberührt lassen. So veröffentlichte die Universität Graz kürzlich das Update einer Analyse über Hangrutschungen im Süden Österreichs. Das hochgerechnete Ergebnis: Ein Zehntel der Murenabgänge kann eindeutig auf die vom Menschen verursachte Erderwärmung zurückgeführt werden.
Hier kommt hierzulande der von der Wildbach- und Lawinenverbauung erstellte Gefahrenzonenplan (GZP) als zentraler Bestandteil des Risikomanagements ins Spiel. Er soll Risiken, die von Naturkatastrophen ausgehen, minimieren und die Sicherheit von Menschen, Fauna, Flora und eben Sachwerten wie Immobilien erhöhen. Der GZP dient also der Identifikation potenzieller Gefahrenbereiche. In bedrohten Gebieten lautet seine vorrangige Zielsetzung, keine neuen Risiken zu schaffen und bestehende zu reduzieren.
Rote und Gelbe Gefahrenzonen
Den Grad der Bedrohung stellt die Unterscheidung in Rote und Gelbe Gefahrenzonen parzellenscharf dar. Die Signalfarbe Rot bedeutet im GZP nichts Gutes. Sie umfasst jene Flächen, die durch Wildbäche oder Lawinen derart gefährdet sind, dass ihre ständige Benützung für Siedlungs-/Verkehrszwecke wegen der voraussichtlichen Schadenswirkungen des Bemessungsereignisses oder der Häufigkeit der Gefährdung nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand möglich ist. Das zieht ein absolutes Verbot von Neubauten nach sich. Ausnahmen gibt es nur für Modernisierungen bestehender Liegenschaften, wenn damit eine Erhöhung der Sicherheit einhergeht.
Die Gelbe Zone betrifft alle übrigen durch Wildbäche oder Lawinen bedrohte Flächen, deren ständige Benützung für Siedlungs-/Verkehrszwecke infolgedessen beeinträchtigt ist. Eine Bebauung ist lediglich unter Einhaltung von Auflagen, die ein Einzelgutachten der zuständigen Gebietsbauleitung im Bauverfahren vorschreibt, möglich.
Revisionen erfolgen
Darüber hinaus weist der GZP Blaue (zur Freihaltung für Schutzmaßnahmen) und Braune (aufgrund anderer geogener Gefahren wie Steinschlag oder der eingangs erwähnten Hangrutschungen) Vorbehaltsbereiche aus. Violette Bereiche wiederum markieren beispielsweise notwendige Überflutungsräume.
Treten Änderungen bei den Grundlagen oder bei deren Bewertung ein, so haben die Dienststellen den GZP diesen anzupassen. Dies bedeutet, dass bei neuen Verhältnissen in den Einzugsgebieten etwa durch Verbauungsmaßnahmen oder deren Bewertung – zum Beispiel wegen einer Änderung der Kriterien der Beurteilung der Gefahrenmechanismen – eine Revision des GZP erfolgen muss.
Beispiel Lofer
So passiert im Salzburger Pinzgau in der Marktgemeinde Lofer, wo seit Kurzem ein neuer GZP gilt. Das hat zur Folge, dass etliche Gebäude und Grundstücke in der Nähe des Loferbachs von der Gelben in die Rote Gefahrenzone „wanderten“; Wertminderung inklusive. Das, obwohl an sich die Lage an einem Gewässer bekanntlich einen werterhöhenden Umstand bildet. Doch der Aspekt der Gefahrenzone „sticht“. Gerade hier stellt der Befund als Basis für das Gutachten samt Ortsaugenschein den relevantesten Teil im Bewertungsverfahren dar. Sämtliche Unterlagen bilden im Zusammenhang mit der Erfassung von möglichen auf einer Immobilie lastenden oder auf diese einwirkenden Naturgefahren eine wichtige Grundlage. Der Ortsaugenschein dient auch der Plausibilisierung besagter Unterlagen. Aufgrund der ständig zunehmenden Häufigkeit und der damit verbundenen kürzeren Intervalle von Unwetterereignissen führen diese dazu, dass Verordnungen, Gutachten, Kartierungen, Gefahrenzonenpläne etc. nicht immer auf dem aktuellen Stand – der Stichtag des Gutachtens – sind. Im Speziellen betrifft dies die Nähe von Wildbächen.
Befinden sich Liegenschaften in Gefahrenzonen und sind diese durch technische Maßnahmen (beispielsweise Dämme, Hochwasserschutzmauern, Uferverbauten) gesichert, so ist zu prüfen, welche Nutzungsdauer diese Schutzbauten aufweisen. Sollten sie an die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit gekommen sein, besteht ein massiv erhöhtes Gefährdungspotenzial für die jeweilige Immobilie; Wertminderung erneut inklusive.
Fazit
Der Einfluss von Naturgefahren auf die Bewertung von Liegenschaften nimmt eine immer größere Bedeutung ein. Denn während der letzten Jahre kam es in Österreich aufgrund des Klimawandels leider vermehrt zu Naturkatastrophen wie Hangrutschungen, Steinschläge, Lawinenabgänge und Überschwemmungen.
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Zur Autorin
Claudia Aigner ist Chefredakteurin der „Österreichischen Immobilien Zeitung“ (OIZ). Seit 1998 ist die gebürtige Oberösterreicherin im Fachjournalismus tätig; konkret für Magazine im Bereich Werbung, Tourismus, Telekommunikation sowie Industrie. Nach einem „Abstecher“, der sie in die PR führte, bereitet sie seit elf Jahren Immobilienthemen – quer durch alle Assetklassen – redaktionell auf.