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Ukraine-Krieg setzt österreichischem Immobilienmarkt zu


Fotocredit: elena-mozhvilo-hb9FQrg7QqI-unsplash

Laut einer aktuellen Umfrage rechnet ein Großteil der Branchenexperten in den kommenden zwölf Monaten mit negativen bis sehr negativen Auswirkungen auf ihr Unternehmen.

Die Covid-19-Pandemie und die mit ihr einhergehenden Lieferengpässe machen der globalen Wirtschaft schon seit geraumer Zeit zu schaffen. Der 24. Februar 2022 bildet eine weitere, ultimative Zäsur. An diesem historischen Datum marschierten russische Truppen in die Ukraine ein. Die jetzt von Präsident Wladimir Putin proklamierte Teilmobilmachung verschärft die Situation.

Wie wirkt sich dieser erschütternde Krieg im Osten Europas auf den österreichischen Immobilienmarkt aus? Besagter Frage ging eine qualitative Online-Umfrage unter 77 rot-weiß-roten Immobilienexperten* – darunter Makler, Banken oder Kreditanbieter, Asset Manager, Entwickler und Verwalter – nach. Nun liegt die Analyse vor.


Uneinigkeit punkto Veränderungen der Auftragslage

Die allgemeine Stimmungslage zeigt ein deutliches Bild: Eine Mehrheit von beinahe zwei Drittel der Befragten rechnet in den kommenden zwölf Monaten mit negativen bis sehr negativen Auswirkungen des Ukraine-Konfliktes auf ihr Unternehmen. Zur Begründung ihrer pessimistischen Einschätzung gaben viele Teilnehmer an, dass die Gründe in der Unsicherheit am Markt, Verzögerungen bei der Lieferung von Roh- und Baustoffen sowie gestiegenen Baukosten liegen.

Wenn es darum geht, ob sich der Krieg auf die Anzahl der Aufträge niederschlägt, sind sich die Befragten uneinig. 40 Prozent der Immobilienexperten erwarten einen Rückgang bei der Anzahl der Aufträge in den nächsten zwölf Monaten. Sie begründen diese Einschätzung primär damit, dass infolge des Materialmangels weniger Objekte angeboten werden und dass die Nachfrage seitens der Investoren verhaltener wird. 33 Prozent rechnen mit einer verbesserten Auftragslage – insbesondere, da sie davon ausgehen, dass einige Marktteilnehmer die Krise nicht überstehen. 27 Prozent kalkulieren mit gleichbleibendem Volumen. Die Mehrheit der Experten ist außerdem der Ansicht, dass Projekte verschoben werden. Mehr als die Hälfte davon rechnet mit einem Aufschub von bis zu zwei Jahren.

 

Starke Teuerung bei Wohnimmobilien erwartet

Bei den Kaufpreisen für Wohnimmobilien rechnet die Mehrheit der Befragten, nämlich zwei Drittel, in den nächsten zwölf Monaten mit einer starken Teuerung am Markt. Ein Großteil geht sogar von einem Preisanstieg von über 10 Prozent aus. Passend dazu sind 65 Prozent der Experten auch davon überzeugt, dass die Mietpreise in die Höhe gehen. Als Grund wird angegeben, dass die Nachfrage nach Mietwohnungen steigt, da ein Kauf in Folge steigender Zinsen unattraktiver wird. Außerdem würden die Mietpreise inflations- und indexbedingt in die Höhe schießen.

Ein Makler konkretisierte: „Die Neubaumieten werden sich erhöhen, wenn mehr Menschen in die Miete gedrängt werden und dadurch eine größere Nachfrage entsteht. Die Altbaumieten steigen aufgrund der gesetzlichen Rahmenbedingungen nur bedingt.“ Auch bei Luxusimmobilien rechnet die Mehrheit der Befragten damit, dass die Preise zulegen oder gleichbleiben. „Dort, wo Geld vorhanden ist, wird man als Investor trotz des gestiegenen Preisniveaus verstärkt den sicheren Hafen des Betongoldes suchen“, erläuterte ein Entwickler. Vom Fernbleiben russischer Kundschaft könnte höchstens das oberste Luxussegment betroffen sein.


Energieeffiziente Objekte begehrt

Speziell bei Immobilien mit einer hohen Energieeffizienzklasse wie A oder A+ rechnen 69 Prozent der Befragten mit einer stärkeren Veränderung der Kaufpreise und 58 Prozent auch mit einer stärkeren Veränderung der Mietpreise – nach oben, versteht sich. Die Frage, ob die Nachfrage nach Wohnungen oder Häusern mit einer hohen Energieeffizienzklasse seit Beginn des Kriegs gestiegen sei, beantwortete rund die Hälfte mit „Ja“.

Auch auf lange Sicht geht ein Großteil der Umfrageteilnehmer von einem positiven Trend bei energieeffizienten Wohnliegenschaften aus. „Abhängig von der Energieeffizienzklasse bei bestehenden Gebäuden sowie den fortschreitenden gesetzlichen Regelungen werden Abschläge beim Verkauf jener Immobilien erwartet, die gewissen Anforderungen nicht entsprechen. Die Kosten für notwendige Sanierungsmaßnahmen sollten bei der Preisfindung berücksichtigt werden“, kommentierte ein Developer.



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Fazit


  • Über lange Jahre hinweg herrschte unter den heimischen Immobilienfachleuten quasi durchgehend und einhellig Hochstimmung. Die Corona-Krise wendete das Blatt.
  • Kaum war die Pandemie abgeflacht, mischte ein Krieg in Europa die Karten auf fatale Weise neu. Die Invasion der Russen in der Ukraine treibt den Branchenplayern die Sorgenfalten auf die Stirn.
  • Ein Großteil der an einer aktuellen Online-Umfrage teilnehmenden Experten befürchtet in den kommenden zwölf Monaten negative Auswirkungen auf sein Unternehmen. Als Gründe werden Unsicherheiten am Markt, Verzögerungen bei der Lieferung von Roh- und Baustoffen sowie gestiegene Energiekosten genannt.


*Das Schweizer B2B-PropTech-Unternehmen PriceHubble befragte im Mai und Juni 2022 online 77 Immobilienexperten aus Österreich. Nun liegt die Auswertung vor.


Zur Autorin
Claudia Aigner ist Chefredakteurin der „Österreichischen Immobilien Zeitung“ (OIZ). Seit 1998 ist die gebürtige Oberösterreicherin im Fachjournalismus tätig; konkret für Magazine im Bereich Werbung, Tourismus, Telekommunikation sowie Industrie. Nach einem „Abstecher“, der sie in die PR führte, bereitet sie seit elf Jahren Immobilienthemen – quer durch alle Assetklassen – redaktionell auf.